Sophomore Tour nach Korsika

Marsmännchen
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Re: Sophomore Tour nach Korsika

Beitrag von Marsmännchen »

Hallo Hans,
genau die richtige Zeit, um uns mit deimer Korsikatour den Februar zu verkürzen.

Ich habe Korsika in soooo guter Erinnerung und bin sehr gespannt, wo du überall gestrandet bist.

Gruß Dieter

Filstalwaver
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Re: Sophomore Tour nach Korsika

Beitrag von Filstalwaver »

Mit der Führung durch das „NAVI“ komme ich nicht zurecht. Es gibt nur Umleitungen durch Baustellen, dadurch bedingte Stau´s, Wochenendverkehr. Nur einem unerfahrenen Rookie passiert so etwas!

Dann sehe ich an der Straße eine Polizistin stehen mit einem tollen Tropenhelm in Zahnpastaweiß.
Ihre brünetten Haare hat sie nett um die Ohren drapiert und auch sonst läßt sie mich schnell meine miese Laune vergessen. Frage: „Si prega, dove è le office per le traghetto“?

Was sie sagt, verstehe ich fast nicht. Außer „sinistra“-„a destra“-diritto. Damit hat sich´s. (Du immer, mit deinem angeberischern „Pizzeria-Italienisch“ über das der Kellner schmunzelt, weil er sofort merkt, daß es von der Università popolare stammt und bei Urlauben aufgeschnappt wurde).

Da sie aber sehr gut mit Gesten und Armbewegungen erklärt, weiß ich ungefähr wo ich hin muß.
Durch eine Bauunterführung (Sottopassagio) komme ich an das ersehnte Gebäude. Fahre direkt vor den Eingang wo noch -andere zweiräderige, verbrennungsmaschinenangetriebene, Fortbewegungsmittel- (Was hat man nur gegen die schöne, treffende Bezeichnung „Roller“) stehen und schaue mich erst einmal um. Kann ich dem rauchenden, auf dem Handy spielenden Jugendlichen trauen ? (Er hat lange Haare) Wartet der an der anderen Ecke stehende „Pensionati“ (Seine Frisur gleicht meiner) auf ein neues Motorino?
Quatsch !
(Immer diese Vorurteile) Das Wichtigste ist am Leib, das Wichtige im Rucksack, den nehme ich mit und wenn einer meint, er brauche noch meine Klamotten oder meinen Schlafsack, ja dann ist´s halt so. (Du unvorsichtiger Gutmensch)

Die Eingangshalle gleicht einem Bahnhof. Mit dem Unterschied, daß an der Wand als Dekoration keine Lok angebracht ist, sondern eine riesige Windrose. Auch dort sehr viele Uniformierte, welche mir in astreinem Englisch erklären wo ich hin muß.

Wieder eine Dame, welche trotz Wochenenddienst nicht „katzig“ ist, sondern freundlich mit dem Ausdruck des größten Bedauerns mitteilt, ab GENOVA geht heute nichts mehr. (Warum hast Du im Internet nicht vorgebucht und den Rabatt noch mitgenommen? Weil ich mich nicht festlegen möchte! Nicht auszudenken, ich hätte in Bellinzona noch jemand Wichtigen kennen gelernt und müßte wegen eines läppischen Fährtermins die sich anbahnende Geschichte abrupt beenden ? Korsika gibt’s auch noch morgen! Bin Rentner und die Termine können mich mal...!)

Aber wenn Du denkst es geht nicht mehr....
Ab Livorno hat sie noch etwas frei. Allerdings keine Kabine, sondern einen „Ruhestuhl“?

Egal, nehme ich. Zahle 54,00 € cash für die einfache Strecke und bin glücklich.


Das Wetter ist ausnehmend schön, ich ausgeschlafen und guter Laune, Papiere verstauen, aufsitzen und nach einem Caféhaus Ausschau halten. Die beiden vorher Erwähnten haben übrigens sehr gut auf die „Little red Lady“ aufgepasst.(Diese Fügung muß gefeiert werden.)
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Es ist kurz nach Neun und die Fähre geht erst in12 Stunden. Viel Zeit! Habe mich ohnehin dem „Slow Travel“ verschrieben und inhaliere die sich bietende Freiheit tief ein.

Café „si“, Spumante „no“ „Panini“ „si“ „Birra“ „no“. (Klappt doch mit dem Italienisch!?)
Frage den „Barista“ nach der besten Straßenführung und er meint: „Autostrada“!! Die Auffahrt gleich um die Ecke.

Die „Little red Lady“ ist frisch geputzt, hat mächtig Gepäck und macht auf „Dicke Hose“. Mit der giftneongrünen Warnweste sehe ich auch wichtig aus und meine ich könnte es riskieren. (wenn nur die Reifchen nicht so schmal wären). Nochmals durch das Verkehrsgetümmel Genuas bei der sich abzeichnenden Hitze? Nein danke. Rauf auf die Bahn. Hinter einen Transporter. Im Sog das Gas runter und frech an die Mautstelle gefahren, ein Ticket gezogen, als hätte ich das schon x-mal getan, derweil es ist eine Premiere. Schwöre mir, daß ich nach dem Ende der Stadtgrenze wieder brav auf die Landstraße fahre! Geschworen, getan, zahle 3 € und alles ist gut!

Nun kommt eine Strecke die viele von Euch auch kennen. Fahre die „Aurelia“. (Obwohl das nicht ganz stimmt. Die „Aurelia“ geht erst ab Pisa nach Rom. Von Genua aus ist´s die „Via Aemilia Scaura“) Rapallo und Cinque Terre sei nur am Rande erwähnt.
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Mache immer wieder eine Pause um die einzigartige Landschaft zu betrachten.
Muß nicht nach Motiven suchen, sie sind überall.
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So langsam wird es Mittag. Die Hitze nimmt zu und die Pausenintervalle werden immer kürzer.
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Es ist an der Zeit Mittag zu machen.
Fahre in einen kleinen Ort an der Küste. Dort kenne ich aus frühen Tagen eine kleine, familiengeführte Pension, in welcher Anne und ich mit den Kindern mehrere Jahre hintereinander den Sommerurlaub verbrachten
Die Zimmer waren damals einfach, die Wirtsleute unheimlich zuvorkommend, das Essen -typische ligurische Kräuterküche mit viel frischem Fisch -überwältigend. Wir waren die exotischen „Tedesci“ welche nicht wußten, daß man „Cozze“ auch essen kann. Wir haben regelmäßig in den zwei Wochen “etwas“ zugenommen. Wieviel darf ich nicht sagen, nur so viel: Es dauerte bis weit in den Herbst hinein, bis das Gewicht wieder stimmte und der Dorn des Gürtels in das vorgesehene Loch passte, ohne daß ich tief atmen mußte.
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Was es zu essen gab erzähle ich Euch in der Fortsetzung.
Viel Spaß beim Lesen
Gruß Hans.

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Innova-raser
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Re: Sophomore Tour nach Korsika

Beitrag von Innova-raser »

Ich bin NEIDISCH!!!!

Ich ware viele Male in Korsika! Es war relativ rasch zu ereichen gewesen. Ich LIEBE Korsika!! Ich hätte mir gut vorstellen können meinen Lebensabend dort zu verbringen. Die fast endlosen und leeren Sandküsten im Osten und die steilen schroffen Felsküsten im Westen. Dazwischen herrlichstes "Alpenpanorama"!

Ich wollte eigentlich, bevor wir abreisen, noch einmal nach Korsika fahren. Leider hat es nicht mehr gereicht. Aber ich kommen zurück nach Europa! Wenns auch nur für Ferien ist. Viva la france, vive,Vive la Corse!!

Man sollte nur vermeiden dann zu gehen wenn Paris Schulferien hat, denn dann ist tout paris in Corse! Ansonsten gehört einem die Insel! OK, das mag nicht jeder, aber ich bin nicht der Type der Menscheaufläufe liebt und am Strand in Schichten schwimmen geht.

Viel Spass in Corse!!
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Filstalwaver
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Re: Sophomore Tour nach Korsika

Beitrag von Filstalwaver »

Nehme im „Sala di Pranzo“ Platz. Zur Auswahl gibt es ein Fleisch-oder Fischgericht.
Wähle als Vorspeise „Gnocchi genovese“ und als „Secondo“ eine „Orata“. Zum Trinken allerdings nur einen Liter Wasser „frizzante“. Gerne hätte ich ein „Viertele“ dazu „geschlotzt“. Aber wenn man´s anfängt verschiebt sich allmählich die Grenze immer weiter nach oben und zum Schluß sitzt man dann angeheitert auf dem Bock und das ist das Letzte was einem passieren sollte. (Spießiger Moralapostel. Hast Du Dich immer daran gehalten?)

Die Dorade wird als ganzer Fisch serviert und ist auf den Punkt gegart. Das Zerlegen ist eine Freude. Nichts zerfällt und ist doch durch. Im Bereich der Rückengräte noch leicht glasig. Man schmeckt das 100 m entfernt liegende Meer.

Im Gegensatz zur französischen Küche wird hier nicht „parfümiert“ sondern ganz ehrlich mit Salz, Kräutern, Olivenöl aus eigenem Anbau, einem Spritzer Zitrone ein Fest für den Gaumen bereitet. Das ist Hausküche, von der Oma auf Kinder und Enkel vererbt, kaum variiert, kein chihi, einfach und ehrlich.

Im Winter -für Schwaben unvorstellbar- „schaffen“ sie nichts. Reparieren das Haus, flicken die Wäsche, Streichen die Küche, bestellen den Garten und ernten die Oliven. Er verkauft ein paar Versicherungen, trifft sich täglich mit seinen Freunden auf einen Schwatz; Sie pflegt die Kontakte zur Verwandtschaft und schaut nach den Zimmermädchen und Helfern in der Küche und im Service für die kommenden Saison, welche an Ostern beginnt und Ende September endet. Während dieser Zeit müssen sie aber jeden Tag ohne Pause „ran“. Als kleines „Secreta“ sei soviel verraten. Nach Ende der Saison besuchen sie das „Festa della Birra“ in München.

Herzliche Verabschiedung mit dem abgenommenen Versprechen, wieder einmal mit der Frau zu kommen und nicht solo als „Matto“ mit dem „Motorino“.

Weiter geht’s auf der „Aurelia“ nach Süden. Nicht viele Kilometer aber es zieht sich und ist doch unvergleichlich schön.
Komme auch durch den ehemals mondänen Ort Viareggio und fahre an der Küste entlang.
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Von rechts nach links:
Meer, Strand, Ferienhäuser, Strandvillen, Fußgängerstreifen, Straße, Hotels, Cafe´s, Geschäfte.

Die Fahrt nur unterbrochen durch den Halt an den Zebrastreifen. Die Menschen strömen vom Strand zurück in die Hotels. Ab und an ein Augenschmaus in Form von Bikini tragenden Schönheiten mit samtener, gebräunter Haut, laszivem Gang in Flip Flops, wildem, ungekämmten Haar, die Strandtasche lässig um die Schulter gehängt und kurzem, taxierendem Seitenblick auf das Moped. (Paß auf den Verkehr auf, Du Voyeur)

Nun auf der Höhe der apuanischen Alpen mit Carrara.
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Danach Pisa mit einer kleinen Pause.
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Auf der Höhe von Pisa wird die Straße „schneller“ und ich muß aufpassen. In das „Navi“ die Adresse des Hafens eingegeben und erreiche entspannt, rechtzeitig den Fähranleger in Livorno.
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Bleibe nicht lange allein. Erhalte nach Vorzeigen meiner „Fahrkarte“ einen Aufkleber von einem transportablen, am Mann getragenen Drucker verpasst und bin in italienischem Akzent gesprochen: „Rreddi forr Bording“

Weitere Motorräder kommen dazu. Zwei sehr symphatische junge Burschen aus Österreich, deren Motorräder allen Clichés der „Knieschleifer“ entsprechen, ein Münsteraner auf einer „GS“ mit 1200 ccm. Seine Maschine ist nach seinen Angaben „schon ein paar Jahre alt“ aber so sauber geputzt, so daß ich vermute, er nimmt die Zahnseide nicht nur zur Dentalpflege.

Wir haben eine nette Unterhaltung. Die Abendsonne bahnt sich ihren Weg an den Horizont, läßt es dämmern, die Luft kühlt ab und das „Boarding“ beginnt.
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Fortsetzung folgt.
Gruß Hans.

Mauri
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Re: Sophomore Tour nach Korsika

Beitrag von Mauri »

Super Geschichte,echt toll :superfreu: :inno2:
Gruß Mauri !

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Bernd
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Re: Sophomore Tour nach Korsika

Beitrag von Bernd »

Wir waren im Oktober in Viareggio.
Die Strandurlauber waren längst wieder zu Hause beim Arbeiten. So hatten wir die Strände, die Aussicht auf die Wellenreiter und die Cafes für uns fast alleine. Und warm war es immer noch.

Das könnte ich mir für den nächsten Herbst als Mopedtour vormerken: die Strecke von Parma nach Viareggio ist wunderschön. Da darf man sogar auf der Autobahn, wegen der engen Kurven, teilweise nur 60 fahren.

Morgen ist der meteorologische Frühlingsanfang! :inno2:

Viele Grüße
Bernd
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Filstalwaver
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Re: Sophomore Tour nach Korsika

Beitrag von Filstalwaver »

Den „Einweisern“ folgend in den „Bauch“ der Fähre eingefahren. Aus dem schummrigen Licht der Dämmerung komme ich über eine kleine Rampe in das grell erleuchtete Deck und dann zusammen mit den anderen „Motos“ im Inneren über eine steile Auffahrt auf ein niederes Zwischendeck. Das übliche Festzurren mit „Kontrollrütteln“ der „Einweiser“ folgt. Als „Sophomore“ ist man ja schon geübt!
(Du Angeber, mit grad mal einer Fährfahrt nach Mallorca im letzten Jahr.)

An den Seitentreppen hoch auf das Hauptdeck zum Einchecken. Mir wird in einem angenehm kühlen Raum ein Sitzplatz zugewiesen, ähnlich wie im Großraumflugzeug. Die Seitenwände in rauchglasfarbenem „Plexiglas“ ausgeführt, lassen einen Blick nach draußen zu. Das Meer ruhig, die Fähre rollt nach dem Ablegen kaum merkbar um die Längsachse, die Klimaanlage surrt leise und ich werde schläfrig. Schau´ mich um -es sind kaum Leute hier- warum also nicht das machen, was schon mal auf einem Rückflug von JFK nach Shiphol in einer 747 auch geklappt hat? Ziehe die Stiefel und Oberklamotten aus, klappe die Armlehnen der Viererreihe in der Mitte hoch und lege mich quer auf die 4 Sitze, binde den einen Träger des Rucksacks um mein Handgelenk, den anderen um eine Armlehne, werde sanft in den Schlaf geschaukelt.

(Hast Du schon mal einen „Penner“ auf der Parkbank gesehen? Ja! Und die Ähnlichkeit ist durchaus gegeben. Aber besser „pennerhaft“ gelegen als „bussiness-like“ gesessen! Du immer mit deinem Pragmatismus)

Werde um ca. halb fünf wach. Das einlullende Motorgeräusch ändert sich. Der Kapitän nimmt Fahrt raus. In den Waschraum zur Morgentoilette und dann raus auf´s Sonnendeck. Auf dem Treppenpodest liegt jemand auf der Isomatte im Schlafsack und schnarcht gar fürchterlich. Zum Glück ist der allgemeine Geräuschpegel auch hoch.

Viele sind in Schlafsäcken in den Liegestühlen. Andere haben“High-tech“ Hängematten an der Reling verspannt. Mit metallenen, kleinen Ratschen-Spannvorrichtungen, -ähnlich denen- mit welchen die „Brummifahrer“ ihre Ladung verzurren. Oben sogar mit Reissverschluß versehen um eventuell Regen oder Kälte zu trotzen. (Wann warst Du zum letzten Mal im „Outdoorshop“?)



Unter den aufgehängten Rettungsbooten liegen der „Münsteraner“ und die beiden „Knieschleifer“.
Sie sind ebenfalls gerade wach geworden. Ersterer dreht sich erst einmal eine Zigarette und legt vorne ein kleines, weißes Stück rein, bevor er das Papier anleckt, zusammendreht, anzündet und genussvoll den ersten Zug nimmt. Durch den ausgeblasenen Rauch sieht er in mein fragendes Gesicht.
„ Nein, ist kein „Dope“ sondern ein Filter!“
(Sachen gibt’s. Wann warst Du zum letzten mal im Tabakladen?)

Die beiden anderen haben „nur“ einen Tankrucksack dabei. Der Schlafsack wird auf dem Blechboden des Decks faltenfrei ausgelegt, sorgfältig gepackt wie ein Sprungfallschirm, zusammengerollt, mit den Knien gepresst und in einen Beutel mit Kordel gestopft. Nur noch so groß wie eine Vesperdose. Im Tankrucksack verstaut, ja und was ist das? An den Seitenwänden hat er noch Flip-Flops untergebracht und marschiert in den Waschraum. Nun zurück wird der Deo-Roller unter dem Sweat-shirt eingesetzt, drei Striche und mit einem Grinsen zu mir meint er:
„Duuscht is a scho! (Von wegen „Sophomore“. Habe noch viel zu lernen)
Pyjama, Handtuch, Kulturbeutel werden ebenso gepresst und verstaut.
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Das Schiff wird noch langsamer und die Lichter von Bastia stanzen Löcher in das Dunkel, sie tauchen am Horizont auf.

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Nette Verabschiedung von den Dreien und am Zoll vorbei gleich nach rechts abbiegen und das „Cap Corse“ in Angriff nehmen.

Bastia schläft noch. Im Osten ist die Morgenröte zu erahnen. War ich schon von der Anmut Mallorcas beeindruckt, so ist Korsika noch eine ganz andere Liga. Schon die „Alten Griechen“ nannten sie „Kalliste“ die „Schöne“. Von Schönheit allein kann man aber nicht leben (das sagten im Schwäbischen die Väter zu Ihren Söhnen, wenn sie ein schönes aber mittelloses Mädchen ehelichen wollten) und so schaue ich mich um. Tatsächlich hat schon ein Laden geöffnet. Ein „Ficelle“ und ein „Raisan“ werden meine Beute. Auf meine Frage nach einem Kaffee bekomme ich vorwurfsvoll zu hören:
„Nous sommes une Boulangerie, pas de Café!“ Sie empfiehlt mir stattdessen einen Orangennektar aus dem Kühlschrank. Ah, aber ein Saftladen, höre ich mich denken und fasse mir das angebotene Getränk. Sie strahlt mich an und nennt mir den Preis. Mit einem „Bonne route“ werde ich verabschiedet, verstaue alles im Rucksack und suche ein schönes Plätzchen um zu frühstücken.
Das Cap Corse umrunde ich gegen den Uhrzeigersinn. Es ist Sonntag, der 28. August, dreiviertelsechs, 18 Grad warm. In einer Hand das „Raisin“ in der anderen den Saft, geniesse ich das „alltägliche“ und doch „einmalige“ Erwachen des neuen Tages.
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Ein paar Bissen und Schlucke später.
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Als ich wieder aufsitze ist es schon so hell um nicht mehr auf das mehr als verbesserungswürdige Scheinwerferlicht der „Little red Lady“ angewiesen zu sein. Nach ein paar Metern bleibe ich doch wieder stehen. Der flache Einstrahlwinkel der aufgehenden Sonne, die Reflexion der Strahlen auf dem „ar...glatten Asphalt, das nicht optimal geputzte Visier am Helm, die nach einer Kurve unvermittelt auftauchende direkte Zufahrt auf die Sonne lassen nur noch eine Orientierung am Mittelstreifen zu. Brauche ich das?
Nein! Blindflug habe ich noch nie gemocht.
Absitzen, das „Ficelle“ herausholen und gegen Osten schauen. Was ist das schön! (Seit ich Rentner bin, ist das Erleben des Sonnenaufgangs eine Seltenheit geworden!)

Sehe ein paar Männer, welche zum Bäcker fahren. Sie steigen aus, gehen in die Bäckerei hinein, stellen sich brav in die Reihe und warten bis sie dran kommen. Der Motor des Wagens draußen läuft weiter! Könnte ja nachher zu warm oder zu kalt sein. Je nach persönlichem Befinden. Bin auf Korsika, welches zu Frankreich gehört! „Laissez faire“ läßt grüßen.

Die Landschaft, die Kurven, der nicht vorhandene Verkehr lassen mich übermütig werden. Eine Rechtskurve. Was ist das für ein komisches Gefühl? Mein Schuh streift den Asphalt! Schnell zurückgezogen. Werde doch wohl nicht die höheren Weihen des Kurvenfahrens erhalten haben?
War wohl eher eine Bodenwelle, anschließendes Durchsacken der Federung und ein Touchieren des Asphalts mit der Schuhspitze. (Spaß gemachts hat´s trotzdem!) Sitze nun etwas aufrechter, mit durchgedrückter Brust.

Außer mir, den Baguette holenden Hausmännern, sind noch eine andere, wohlbekannte, zweiräderige, Spezies unterwegs. Wo sind Männer außer in der gemischten Sauna noch unter sich? Rennradler am Sonntagmorgen. Sie fahren in Gruppen nebeneinander her, unterhalten sich über was auch immer, scheren sich einen Dreck um eine „herandonnernde“ Wave. Lösen den Gruppenverband nicht auf. Das kenn´ ich schon aus eigener Erfahrung und weiß was zu tun ist.
Nicht das „Überholen wollen“ stört, sondern das Anpassen der Geschwindigkeit, und das „Hinterrad lutschen“
Ohne viel zu sagen wird in Reihe gefahren und die „Little red Lady“ darf passieren. Geht doch. Ordentlich mit dem Absenken des rechten Fußes in Richtung Erde bedankt, (Habe ich bei der Regenfahrt nach Grenoble als Rookie, im letzten Jahr gelernt) Nun nicht das Gas brutal aufziehen nach dem Motto: „Jetzt zeige ich es Euch aber,“sondern gelassen, souverän vorbeituckern.
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„Waven“ in Korsika entspannt ungemein!
Gruß Hans.

Fortsetzung folgt.

Karl Retter
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Re: Sophomore Tour nach Korsika

Beitrag von Karl Retter »

wunderschön bitte weiter so.
Für die Nordlichter: dreiviertelsechs entspricht viertel vor sechs.

Gruß Karl

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KLex
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Re: Sophomore Tour nach Korsika

Beitrag von KLex »

Hans. Schöner Bericht .Ich bin gespannt ,wie es weiter geht. Schreibt (Nordlicht ) UWE um siebennachviertelzwölf :aetsch1:
Leistung ist Firlefanz.

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IGN
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Re: Sophomore Tour nach Korsika

Beitrag von IGN »

Hans hat schon die beste schreibe... :superfreu: :inno2:

Filstalwaver
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Re: Sophomore Tour nach Korsika

Beitrag von Filstalwaver »

@IGN. Danke.
Die einen schreiben gerne, die Anderen können schrauben und richtig Mopedfahren.
Das eine ist so edel wie das Andere.
Lese alle Reiseberichte des Forums sehr gerne. Sie haben einen Großteil zum Entscheid für eine "verrückte" Rentnerzeit auf 2 Rädern beigetragen."An scheena Sonndig an Alle"
Gruß Hans.
@"KLEX" Sei ehrlich! Du hast ein paar Semester "Schwäbische Uhrzeit-Mathe" hinter Dich gebracht! Alles richtig gerechnet oder hast Du bei Karl "gespickelt"?

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Bernd
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Re: Sophomore Tour nach Korsika

Beitrag von Bernd »


Eine Rechtskurve. Was ist das für ein komisches Gefühl? Mein Schuh streift den Asphalt! Schnell zurückgezogen. Werde doch wohl nicht die höheren Weihen des Kurvenfahrens erhalten haben?
War wohl eher eine Bodenwelle, anschließendes Durchsacken der Federung und ein Touchieren des Asphalts mit der Schuhspitze. (Spaß gemachts hat´s trotzdem!) Sitze nun etwas aufrechter, mit durchgedrückter Brust.
Gestern, bei einer Feierabendrunde von Manolzweiler nach Schnait, den Weinberg runter, hinter einer KTM her, ist mir das auch passiert. Das mit dem Schuh.
Ich erschrecke auch jedes Mal, wenn mir das passiert (ist nicht oft). Ich gewöhne mich wohl nie dran.
Spaß hat es aber trotzdem gemacht, das hinter der KTM Herfahren.

Gruß
Bernd

PS: ich bin gespannt, wie es auf Korsika weiter geht. Dass ein Ficelle ein belegtes Brötchen ist, musste ich erst mal googeln. Das Andere mit den Rosinen wusste ich.
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Filstalwaver
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Re: Sophomore Tour nach Korsika

Beitrag von Filstalwaver »

@Bernd. Unser schwäbisches Wort für etwas Kleines oder wenig: "A Fiddsele" hat den gleichen Wortstamm.
Mir send scho a wen endernadsional au.
Gruß Hans.

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Andrea
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Re: Sophomore Tour nach Korsika

Beitrag von Andrea »

Ein schöner Reisebericht! :up2:

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