Danke für das Interesse an unserem Leben hier. Nur das was man von der Ferne sieht und mitbekommt muss sich nicht unbedingt mit der Realität, wie wir sie hier erleben, decken. Es passieren Morde auf der Strasse. Jeden Tag. ABER dieses Land hat mehr Einwohner als Deutschland! Wie viele Morde passieren in Deutschland jeden Tag? Aber natürlich ist auch klar das die Mordrate hier höher ist. Das ist einerseits der grassierenden Armut und dem Drogenproblem zuzuschreiben.
Ich leben in Tubigon (Bohol) und auf der Insel Cebu. In Cebu leben wir in Cordova. Das ist eine eigene kleine Insel die mit 2 Brücken mit der Insel Mactan (da ist der internationale Flughafen) und mit 2 weiteren Brücken mit der grossen Insel Cebu verbunden ist. Cebu City ist mit der Shuttlefähre in ein paar Minuten zu erreichen. Also nicht Provinz wie Tubigon.
Ich fühle mich hier genauso sicher wie dort wo ich vorher in Europa gewohnt habe. Ich habe weder Probleme noch Angst mitten in der Nacht und bei Dunkelheit unterwegs zu sein. Nicht ganz ein Drittel der Morde gehen auf Abrechnungen im Dorgenmilieu zurück. Es wird hier sehr schnell geschossen! Das sind typische Probleme eines Landes das mit Armut und damit einhergehender Korruption und Drogenmissbrauch zu kämpfen hat. Für mich sind, neben vielen anderen Problemen die grassierende Korruption und der Drogenmissbrauch zwei der grössten Probleme. Denn diese führen zwangsläufig zu den vielen anderen Problemen mit denen wir uns täglich auseinandersetzen müssen. Aber wie gesagt, diese Probleme sind überall auch da wo Geld nicht für alle in grösseren Masse verfügbar ist.
Grad gelesen, dass Lula de Silva (Sozialist) der mehrfachen Korruption für schuldig gesprochen wurde und für 9,5 Jahre ins Gefängnis soll. Es gibt dazu auch kritische Stimmen. Aber die gibt es immer denn es gibt auch immer 2 Seiten. Egal, zurück zu uns.
Das Erdbeben war ziemlich stark, 6.5 auf der Richterskala, und es betraf genau wieder die Region die schon 2014 extrem unter dem furchtbaren super Typhoon Haiyan (Yolanda) gelitten hat. Damals wurden über 6000 Menschen getötet, Hundertausende wurden Obdachlos und die Schäden wurden auf fast US$ 3 Milliarden geschätzt. Täglich gibt es, teilweise ziemlich starke, Nachbeben. Es wurden auch Gebäude in Cebu und Mandaue zerstört.
Bei diesem Erdbeben wurde eine grosse Powerplant (Geothermie) unbrauchbar. Daneben wurde auch vieles an Infrastruktur zerstört. Die ganze Insel Bohol, neben vielen anderen Regionen, hatten überhaupt keinen Strom, weil die Uebertragungsleitungen komplett zerstört sind. Zurzeit werden Leitungen repariert, Bypässe gebaut und, wenn vorhanden, wird der Strom rationalisiert. Also die Stromversorgung findet in einer Rotation statt. Für eine gewisse Zeit haben dann Strom und danach die anderen. Zurzeit sind 2 Schiffe nach Bohol unterwegs. Mobile Diesel Powerplants. Eines mit einer Leistung von 24MW und das grössere mit einer Leistung von 32 MW. Bohol braucht aber rund 80 MW an Energie und das zweite, grössere Schiff, braucht Wochen bis es hier in Bohol ist.
2 power barges to meet Bohol’s energy demand
Gestern sind wir von Cordova nach Tubigon gegangen. Ich muss wichtige Dinge erledigen und dazu brauche ich das Internet. Mobiles Internet gibt es zwar hier aber das ist einerseits extrem teuer und andererseits ist der Data Allowance (Maximale Datenmasse die einem zur Verfügung steht) dermassen gering, dass es so gut wie unbrauchbar ist wenn man nicht nur in FB ein paar lustige Kommentare lesen und seine E-Mails abholen will. E-Mails mit Attachments können da schon zum Verhängnis führen.
Internet ist sowieso so eine Sache hier. Wir haben hier in Tubigon zum Beispiel GLOBE als I-Net Provider. Die Auswahl ist hier in Tubigon sehr bescheiden und GLOBE ist noch der beste von allen. Aber wir bezahlen 40.- /Monat (Was hier in der Provinz fast ein halber Monatslohn eines Bauarbeiters ist) für eine 5 MB Leitung. Wenn ich aber mehr als 10 GB pro 24h downloade dann wird mein Anschluss bis Mitternacht runtergestuft, dass er so langsam ist, dass er für nichts mehr zu gebrauchen ist. Monatlich können wir, glaube ich um die 300GB downloaden. Dann ist Schluss! Das ist ein grosses Problem, speziell für mich und meinem Job! Aber ein besseres Angebot ist zurzeit hier in Tubigon nicht erhältlich.
In Cordova sieht es ein wenig besser aus. Da haben wir uns für PLDT entschieden. Eine der grössten Telecoms hier und auch an der Börse notiert. Für den gleichen Preis bekommen wir eine 20MB Leitung und KEINE Data Allowance! Wir können also so viel downloaden wie wir wollen! Klingt gut, und passt auch zurzeit bestens zu unseren Ansprüchen. Deshalb haben wir auch vor rund 2 Monaten den Anschluss angemeldet. Wir sind persönlich im Office vorbeigegangen und haben alle Unterlangen dabeigehabt. Man sagte uns, dass es nun ca. 10 Tage dauert bis wir den Anschluss haben. Nun sind bald 2 Monate um und nichts hat sich getan. Auf entsprechende Nachfragen kommen teilweise abstrusen Antworten.
Nun haben wir einen neuen Versuch mit einer Anmeldung unternommen. Diesmal Online übers Netz. Vielleicht klappt es jetzt.
Zurück zum Strom. Nein, einen Generator haben wir nicht. Ich wollte, nach dem Erdbeben hier in Tubigon und anderen Teilen Bohol’s, mal einen kaufen. Habe dann aber wieder davon abgesehen. Mit den "normalen" und ungeplanten Stromunterbrüchen hier habe ich gelernt zu leben. Sie dauern normalerweise nicht lange und innerhalb von 2 bis 3 Stunden ist der Strom wieder da. Wenn es geplante sind, also von morgens bis abends dauern, dann sind sie angekündigt und wir können uns einrichten.
Aber dieses Ereignis jetzt ist schon speziell und da habe ich wieder über einen Generator nachgedacht. Aber die sind schweineteuer. Für einen LAUTEN 2500W Generator bezahlt man locker mal so um die 600.- Euro. Dazu macht diese Dinger noch einen Heidenlärm. Ein etwas grösserer und gekapselter Generator der Marke Stanley (Geht hier unter Top Brand) kostet als 5500W rund 1500 Euro!
Das ist für mich doch relativ viel Geld. Denn ausser dem Kühlschrank und dem Internet (PC, Modem) können wir schon einige Zeit ohne Strom leben. Vor allem da wir ja noch auf Cordova ausweichen können. Fürs Licht werde ich mir LED Birnen die mit PVA Modulen aufgeladen werden, zulegen. Dann klappt das schon mal gut. Aircon ist dann halt eine andere Sache. Aber um die Aircon zu betreiben müssten wir uns schon einen ziemlich fetten Generator anschaffen. Zum Glück ist es zurzeit nicht so heiss und es regnet häufig.
Die ganze PVA Geschichte habe ich mir ja schon mal von Pit erklären lassen. Aber die kosten gehen dann ganz schnell in den 5-stelligen Bereich. Denn ich muss ja den Strom auch speichern können sonst nützt mir, dass alles nichts. Und so viel Geld ist mir das zurzeit nicht Wert. Denn wenn man vom Ersparten leben muss, dann muss man das Geld schon etwas einteilen. Aber vom Tisch ist es noch lange nicht. Ich bleibe dran. Denn nichts ist statisch und alles ändert sich.
Zum Thema Gesundheitssystem: Das ist grundsätzlich kein Problem solange man in der Nähe von grösseren Städten lebt. Weit in der Provinz sieht es anders aus. Zum Beispiel hier in Bohol. Wir haben hier in Tubigon ein Krankenhaus und auch eine Zahnmedizinische Praxis. Das Krankenhaus habe ich auch schon von ihnen gesehen. Meine Frau hatte sich mal am Auspuff der Underbone am Unterschenkel eine Verbrennung zugezogen. Wir sind dann in das sogenannte «Community Hospital» gegangen. Da hat man ihr eine Starrkrampf Spritze verabreicht und die Wunde versorgt. Die Ampulle für die Spritze musste ich aber zuerst unten in der Apotheke holen gehen. Es ist kein Spital wo man sein möchte wenn man ernsthaft erkrankt. Aber kein Problem, in der Inselhauptstadt Tagbilaran hat es diverse moderne Spitäler die mit auch mit europäischen Standards mithalten können.
Sowohl ich als auch meine Frau sind topfit und haben keinerlei gesundheitlich Beschwerden ausser meiner Schilddrüse. Ich muss da jeden Tag eine Tablette schlucken, weil sie nicht mehr so will wie sie sollte. Dazu muss sie überwacht werden. Also die Blutwerte sind wichtig. Aber das ist überhaupt kein Problem. Da es hier nicht Hausärzte so wie in Europa gibt geht man dazu ins Spital und sucht sich einen Arzt. Ich bin jetzt einer Ärztin im UCMed (University of Cebu Medical Center) Da gibt es alles was es in Europa auch gibt. Die modernsten Laboratorien und Maschinen stehen zur Verfügung. Daneben gibt es auch noch die CDUH (Cebu Doctors University Hospital). Auch topmodern und auch sehr gut.
Als nicht Krankenversicherter bezahlt man Cash. Die Preise sind günstig für solche mit ausländischem Einkommen. Für Locals wird es schwierig. Aber wir haben hier eine Krankenversicherung der ALLE beitreten können, genannt Phil Health. Die die die kleine Prämie nicht tragen können werden kostenlos versichert. Trotzdem ist noch lange nicht jeder Philippino krankenversichert! Einerseits wissen sie es nicht und andererseits fehlt einfach die awarness über die Wichtigkeit darüber. Für mich, aus einem Land wo die Krankenversicherung obligatorisch ist, irgendwie unverständlich. Die Kosten für Arzt und sowas sind sehr übersichtlich. Meine Frau hatte mal eine minor surgery. Nichts gravierendes. Es ging alles sehr einfach, formlos und rasch. Gekostet hat es nicht viel. Also kein Vergleich zur CH!
Auch Oral ist man gut versorgt. Es gibt in einigen Mall’s (Shopping Zentren) Zahnarztpraxen und Dentalstudios. Da kann das Gebiss reinigen oder bei Bedarf auch reparieren lassen oder auch Zahnersatz bekommen. Auf sehr hohen Level.
Also wegen der Gesundheit muss man sich keine Sorgen machen solange man in der Nähe von grösseren oder grossen Zentren wohnt. Weg von diesem kann es abenteuerlich werden. Nur zum Beispiel hier in Bohol. Wenn man im Interior wohnt und da noch weit ab von einem Highway dann kann es unter Umständen Lebensbedrohens werden. Denn viele Siedlungen sind nur, auf sehr schlechten Strassen, mit einem Motorrad zu erreichen. Bei einem medizinischen Notfall muss der Patient dann irgendwie auf dem Motorrad soweit transportiert werden bis zu dem Punkt wo man mit einem Auto oder Tricycle hinfahren kann. Die Menschen hier kennen halt nichts anders und nehmen das fatalistisch hin. Das gleich, bzw. noch mühsamer ist wenn man auf so einer Insel kleinen Insel, weg vom der nächstgrösseren Insel, lebt. Da muss man zuerst mal mit so einem kleinen Schiffchen der verletzte zur grösseren Insel gebracht werden und von da dann ins Spital. Das kann unter Umständen ziemlich dauern.
Erst wenn man mal von der Wohlfühloase Zentraleuropa für länger Zeit weg ist dann sieht man wie hochentwickelt dieser Kern doch ist. Da kann einem kaum noch was Unvorhergesehenes zustossen. Sogar die Schadstoffemmission von Fahrzeugen werden akribisch gemessen und managed.
Das Leben hier ist nicht vergleichbar mit dem leben in Mitteleuropa. Es ist ein Abenteuer! Vieles passiert ungeplant. Deshalb ist vielleicht auch der fatalistische Lebensstil, den hier viel pflegen, zu erklären. Es wird kaum in die Zukunft geplant. Es wird vor allem für das hier und jetzt geschaut. Heute ist heute und morgen ist morgen. So ist das vielfach hier.
Trotzdem möchte ich das Leben hier als ansässiger nicht missen! Ich würde keinesfalls mehr freiwillig tauschen! Mir kommen immer die Worte des deutschen Konsuls (Er ist ursprünglich aus Bayern) hier in Cebu in den Sinn. Er sagte; Es wird immer besser hier! Er ist schon um die 30 Jahre hier und er liebt dieses Land! So wie jeder der bereit ist sich drauf einzulassen.
Es ist sicher nicht alles Gold was glänzt. Und schon gar nicht hier. Aber das Land bietet so viel an Schönheit, Lebensqualität und Freiheit wie kaum ein anderes. Und es bewegt sich sehr viel. Wenn man will und die richtigen Leute dahinter hat dann wird eine 8 Kilometer lange Brücke übers Meer innerhalb von 5 Jahren eröffnet.
http://www.dw.dk/cebucordova-link/
Bezüglich Schönheit:
Es gibt wunderbare Landschaften hier. Vulkane, Wasserfälle, Höhlen, Berge usw.
Bezüglich Lebensqualität:
Die Mentalität der Menschen ist überaus freundlich und hilfsbereit. Man wird sehr rasch in ein Gespräch verwickelt oder zu Hause zum Essen eingeladen. Daneben gibt es an fast jeder Ecke wunderschöne Strände zum Baden, tauchen, Freunde treffen oder auch für Feiern. Getaway on the weekend tot he most breathtaking beaches for only a handfull pesos!!
Bezüglich Freiheit:
Wenn man etwas bauen will so baut man es da wo man will und so wie man will. Keiner schreibt einem die Farbe oder Form des Hauses vor. Und auch niemand kontrolliert welche Reifen man auf der Underbone aufgezogen hat.
ABER alles hat seinen Preis. Nichts ist kostenlos. So haben all auch diese obengenanten Dinge ihren Preis. Wenn man hier im Geschäft was kauft so hat man, wenn man Glück hat, 3 Monate Garantie auf diese Geräte. Ausser bei grossen internationalen Marken die ihre eigenen Bestimmungen haben. Aber auch da: Auf Powertools von Bosch (Blaue Serie) bekomme ich grad mal ein mageres Jahr Garantie!!! Das ganz offiziell von Bosch Philippines.
Trotz all dem; ich würde zurzeit nie mehr freiwillig tauschen! Ich liebe dieses Land. Ich war schon immer ein Abenteurer und geplant in meinem Leben war bestenfalls meine Geburt, wenn überhaupt!! Ich habe Träume gehabt in meinem Leben. Grosse Träume. Aber so gut wie keine Pläne! Trotzdem war es bis anhin ein wundervolles Leben auf das ich bislang zurückblicken kann. Und wo grosse Höhen sind sind logischerweise auch grosse Tiefen. Das Leben ist nicht nur Weiss/Schwarz. Es ist KUNTERBUNT!
Ich mach' mir die Welt Widdewidde wie sie mir gefällt ....
Das Kind in mir hat sich halt nie ganz ausgwachsen!
Ich liebe dieses Land und die Leute! Hier kann ich Leben wie ich möchte!
Es ist sicher nichts für jeden und jede, ABER es ist genau mein Ding! Ich hatte das grosse Glück dass ich gutes Geld im Ausland verdienen konnte und nicht hier mein Sparvolumen anhäufen musste. Und da ich von Kindheit an an eine einfache und oekonomische Lebensführung gewöhnt bin konnte ich mir nun einer meiner grössten Lebensträume erfüllen! Nein, keine Ausländer Prollo Villa irgendwo am Strand!
Das ist nicht mein Ding, passt nicht zu mir und würde mich auch nicht glücklich machen.
Wir haben hier unseren Platz gefunden. Und, sollte sich nicht etwas gravierendes ändern, werden wir diesen auch kaum mehr für immer verlassen.
...
