Kleine Multifunktions-Tour
Eine Einladung flatterte ins Haus, die ich nicht ablehnen konnte. Einmal 250 km hin, umsonst den Bauch vollschlagen, einen Abend schwätzen im trauten Familienkreis, abgefüllt im Schlafsack im Wozi vom Schwesterchen schnarchen, am nächsten Morgen dasselbe zurück.
Nun ist es Winter und kalt, also bietet sich die NTV mit Heizgriffen und viel Leistung für Heizweste an.
Aber das ist doch langweilig... Und teuer, mit dem ollen Spritsäufer...
Also doch eher Router Mokick mit nagelneuem 49+ Kubik Motor sorgsam auf Langstrecke einfahren, Spritverbrauch ermitteln und gleichzeitig neue A4-Kombi testen.
Am Abend vorher nochmals penibel die Ventile einstellen; Kolben, Zylinder und Kopf haben gerade mal 130 km gelaufen.
Vorsichtshalber Stulpen drangebaut; im Alter wird man leicht fröstelig. Und neue Inno-Spiegel montiert, damit ich die Situation hinter mir immer im Auge behalten kann.
Mittags geht es los in Richtung alte Heimat. Der Tank ist voll, das Öl getoppt, die Kette geschmiert, das Thermometer zeigt +3°C an. Es ist feucht und grieselig grau.
Ich pegele mich auf knappe 60 laut GPS ein; das läßt sich mit Halbgas bei moderater Drehzahl fahren. Gut, der Wind kommt auch von hinten.
Ein paar Sekunden Gas wegnehmen, und ich bin bei Gefahr wieder voll im legalen Bereich.
Die B70 in Richtung Süden fährt sich gut; leider ist sie alle 40 km mal eben für 2-3 km mit einem blauen Schild AUTOSTRASSE gespickt. Meistens irgendwo im Nirvana, wo eine Umfahrung kaum möglich ist.
Da darf ich ja theoretisch gar nicht fahren... Nur jeder Traktor, der darf das.
Also ignoriere ich das mal weitgehend weg und gebe mich als Einspurtraktor. Die Dosen interessiert das nicht, sie überholen genauso wie immer.
Der Anzug ist schön warm und bequem; die Finger werden aber nach 150 km trotz Stulpen etwas kühl. Na ja, dafür kann ja der Anzug nix...
Ab Münster macht sich das Ruhrgebiets-Verkehrchaos bemerkbar; die letzen 40 km dauern mehr als eine Stunde, die Straßenränder glitzern verdächtig im LED-Licht.
Außerdem fehlt doch irgendwie ein bißchen Leistung; oder bilde ich mir das nur ein?
Nach fünf Stunden angekommen, stelle ich nach dem Ausziehen fest, daß ich eigentlich nicht ausgekühlt bin. Hmm, gutes Zeichen!
Dann:
Am nächsten Morgen, gut gefrühstückt, schwinge ich mich um 9 Uhr wieder aufs Moped. Nanu, hatte das Ding vorher auch so wenig Kompression?
Ich fahre in Gegenrichtung zurück und habe den Wind jetzt auf der Nase. Da geht es schon deutlich mühsamer voran.
Für die 60 brauche ich jetzt schon fast Vollgas. Und 30 km später ganz Vollgas. Und weitere 30 km später sind es dann nur noch 55.
Irgendwas ist da doch faul, denke ich mir, während das Mop sich immer mühsamer gegen den Wind stemmt. Ist der neue Satz vielleicht doch nicht so gut, wie ich gehofft hatte? Oder bilde ich mir das nur ein, weil der Wind ungehindert durch die nackten Bäume auf meine ausladende A4-Statur prallt?
Irgendwann halte ich dann an und knabbere einen Schokoriegel zum Nachdenken. Als ich weiter will, kann ich den Kickstarter praktisch leer durchtreten. Das Mop springt zwar an, aber Leistung kann man das jetzt nicht mehr nennen. So will ich nicht die letzten 100 km fahren...
Also mal ein bißchen rumgeschraubt; bei 0°C auf dem Parkplatz ist das doch sehr kontemplativ...
Und siehe da, ich werde fündig: das Auslaßventil hat seine 0.1 mm Spiel völlig aufgefressen und ins Gegenteil verkehrt.
Eingestellt, angemacht, losgefahren. Langsam, ganz langsam, kommen die ursprünglichen Ponies wieder aus dem Stall. Nach weiteren 50 km bin ich wieder bei 70+ Möglichkeit, also kann ich wieder auf Halbgas zurückgehen. Na, hoffentlich hat das Auslaßventil das ohne Schäden überlebt. Bei Gelegenheit werde ich mal nachschauen. Erstmal freue ich mich darüber, daß es wieder zügig vorwärts geht, und komme ungehindert durch Motorschäden oder Polizisten nach Hause.
Durchschnittsverbrauch auf 510 km: 2,4 l/100km. Nicht super wenig, aber wenn man bedenkt, daß über 150 km das meiste an Sprit halbverbrannt durchs Auslaßventil verloren ging, und daß es außerdem Winter und windig war, kann ich damit leben.
Ist ja auch keine CUB, wie irgendeiner der geschätzten Foristen garantiert angemerkt hätte...
Endresultat: 20 € Sprit gespart (Sprit-Pitt kann das sicher aus dem Kopf in kg CO2 umrechnen), Motor eingefahren, A4-Anzug als gut befunden. Und genug Zeit gehabt, um nachzudenken, wie ich der chinesischen Elektrik die 30W für ein paar Heizgriffe entlocken kann. Dazu mehr bei Gelegenheit in diesem Theater...
Gruß
Reinhard